3. Inhalt und Beurteilung

Gemeinsamkeiten zwischen Hansberrys „A Raisin in the Sun“ und „Clybourne Park“ sind nicht zu übersehen. So stammt nicht nur der Titel „Clyboure Park“ von Hansberrys Schauspiel, sondern in beiden Fällen geht es auch um die gleiche Immobilie, das Haus Clybourne Street 406. Zudem tritt einer der Darsteller in beiden Theaterproduktionen auf. Ein weiterer gemeinsamer Aspekt ist der Zeitpunkt des Beginns beider Dramen kurz vor der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung in den 1960er Jahren.
Die Handlung des ersten Aktes von „Clybourne Park“ beginnt im Jahre 1959, kurz nachdem Karl Lindner die Wohnung der schwarzen Familie Younger in „A Raisin in the Sun“ verlassen hat. Schauplatz ist das Haus von Bev und Russ Stoller in Clybourne Park, einem fiktionalen mittelklasse Wohnviertel, in dem überwiegend Weiße leben.
Während Bev und Russ Stoller mit den Vorbereitungen auf den Umzug beschäftigt sind, erscheint Jim, der örtliche Pfarrer, zu einem kurzen Besuch um den Grund für den Umzug in eine andere Gegend zu erfahren. Als Vorteil des neuen Hauses nennt Russ vordergründig die größere Nähe zu seiner neuen Arbeitsstelle und die Geräumigkeit der neuen Immobilie. Der eigentliche Grund wird jedoch erst später offensichtlich. Die Stollers sind enttäuscht von ihrer Wohngemeinde und wütend über deren gefühlloses Verhalten vor und nach dem tragischen Tod ihres Sohnes Kenneth.
Zum Eklat kommt es, als Karl Lindner erscheint und versucht, die Stollers von der Annullierung des Kaufvertrags zu überzeugen, denn sonst sei der gesellschaftliche Niedergang ihres Wohngebiets vorprogrammiert, da eine schwarze Familie Younger (vgl. „A Raisin in the Sun“) den Kauf ihres Hauses plane. Man spürt, dass sich hinter Karls Argumenten Angst und Rassismus verbergen. Die Atmosphäre wird immer gereizter und der Dialog polemischer. Russ ist es egal, wer in sein Haus einzieht.

Der zweiten Akt findet 50 Jahre später im selben Haus 406 Clybourne Street statt. Die gleichen Schauspieler erscheinen nunmehr in anderen Rollen. In der Zwischenzeit hatte es große sozialpolitische Veränderungen gegeben und die Lage der Afro-Amerikaner in den USA hatte sich entscheidend verändert. Die Entstehung einer erfolgreichen schwarzen Mittelklasse zeugte von deren zunehmender Akzeptanz in der amerikanischen Gesellschaft. Höhepunkt der Entwicklung war wohl das Jahr 2008, als die amerikanische Bevölkerung einen farbigen Präsidenten wählte.
Ein weiteres entscheidendes Ereignis zu Beginn des 21. Jahrhunderts war der Zusammenbruch des amerikanischen Hypothekenmarktes im Jahre 2008 und die Folgen für den Immobilienmarkt.
Nach der Beschreibung des jetzigen Zustands des Hauses und des gesamten Wohngebiets wird deutlich, dass Karl Lindners Befürchtungen sich inzwischen bewahrheitet haben, denn Clybourne Street ist in einem beklagenswerten Zustand des Verfalls. Das gesamte Wohngebiet ist mittlerweile hauptsächlich von Afro-Amerikanern bewohnt. Die Flucht der Weißen hat zu stark fallenden Immobilienpreisen geführt und aufgrund der günstigen Kaufpreise hat ein Prozess der Gentrifizierung eingesetzt. So ist Clybourne Street 406 an das weiße Paar Steve und Lindsey verkauft worden, das beabsichtigt, das Haus abzureißen und durch einen größeren Neubau zu ersetzen.

 

  Fundamentalist Cover  

Bruce Norris, Clybourne Park


INFORMATIVE ITEMS

1. Setting
2. Der Dramatiker und sein Werk

3. Inhalt und Beurteilung

Das schwarze Paar Kevin und Lena, letztere eine Nichte der Youngers aus „A Raisin in the Sun“, die in Clybourne Street 406 aufgewachsen ist, treten als Vertreter der Schwarzen Nachbarschaftsvereinigung auf. Lena befürchtet die Gefährdung der historischen Integrität des Wohngebiets und widersetzt sich der Gentrifizierung durch weiße Käufer. Die Diskussion über die Baupläne des neuen Hauses wird einerseits zwischen Kevin, Lena und Tom, dem juristischen Vertreter der Nachbar-schaftsvereinigung geführt, und andererseits mit den Käufern des Hauses und deren Rechtsanwältin. Sie verliert sich aber bald in einen Streit über Banalitäten.
Was als Diskussion über Baumaßnahmen begonnen hatte, geht allmählich in eine hitzige Auseinandersetzung über, in der keiner dem anderen mehr richtig zuhört und jeder jeden unterbricht.

 

In einem Interview charkterisiert Bruce Norris die beiden Akte seines Dramas wie folgt: „In Clybourne Park, the first act is a tragedy and the second part is a comedy because the people in the first act all understand each other much more than the people do in the second act. In the second act everyone makes assumptions.” In der Tat ist Norris Drama, trotz seiner ernsten und spannungsgeladenen Thematik für das Publikum extrem komisch und es reagiert mit Lachsalven. Die Kommunikation der Charaktere untereinander ist kaum möglich, denn jeder unterbricht jeden und oft überlappen sich die Äußerungen. Es zeigt sich insgesamt, dass sich auch im 21. Jahrhundert die Einstellung zur Rassenfrage nicht wesentlich geändert hat, und Gespräche darüber in einer Sackgasse enden.

 

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